V-101: Einführung in das Verwaltungsrecht
(zuletzt gehalten im Sommersemester 2022)
Inhalt und Ziel der Veranstaltung
Ziel der Veranstaltung ist die Vermittlung von Grundkenntnissen und den wichtigsten methodischen Fertigkeiten im Verwaltungsrecht. Behandelt werden unter anderem das Verhältnis zwischen Verwaltung, Regierung und Gesetzgebung, die Formen und Grundprobleme des Verwaltungshandelns, das Verwaltungsverfahren und die Rechtsstellung des Bürgers im Verwaltungsrecht.
Ziel der Veranstaltung ist es, den Teilnehmern Grundkenntnisse im Verwaltungsrecht zu vermitteln. Sie sollen in die Lage versetzt werden, verwaltungsrechtliche Fragestellungen nachzuvollziehen, um so u. a. im Umgang mit Behörden ihre Rechte geltend machen zu können, und ihr Bewusstsein zu schulen, wann sie Rechtsberatung in Anspruch nehmen müssen. Die Vorlesung ist auf die Bedürfnisse der Studierenden der Masterstudiengänge und des verwaltungswissenschaftlichen Aufbaustudiums zugeschnitten, die kein rechtswissenschaftliches Studium absolviert haben.
Am ehesten für Nichtjuristen geeignet, wenn auch sehr ausführlich (weil für Studierende der Rechtswissenschaft geschrieben), sind wohl:
- Bull, Hans-Peter/Mehde, Veith: Allgemeines Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre, 9. Aufl. 2015
- Oberrath, Jörg-Dieter: Öffentliches Recht, 7. Aufl. 2021
- Haug, Volker M.: Öffentliches Recht im Überblick, 3. Aufl. 2021
- Sodan, Helge/Ziekow, Jan: Grundkurs Öffentliches Recht, 9. Aufl. 2020
- Grupp/Stelkens, Saarheimer Fälle zum Staats- und Verwaltungsrecht (www.saarheim.de)
Gliederung und Materialien (Vorlesungsfolien mit weiterführenden Hinweisen):
§ 1 Grundbegriffe / Grundfragen
(Stand Mai 2022)
A) Verrechtlichung des Verwaltungshandelns in Deutschland
B) Zum Verhältnis zwischen Rechtswissenschaft und Rechtspraxis
I. Besonderheiten der deutschen Juristenausbildung
II. Schwerpunkte der Tätigkeiten von Juristen in der Praxis
III. Schwerpunkte rechtswissenschaftlicher Tätigkeit
C) Gesetzesbegriffe und Gesetzesarten des deutschen (Verwaltungs-) Rechts
I. Bundesrecht und Landesrecht
II. Formelle Gesetze, Verfassungsgesetze und einfache Gesetze, Rechtsverordnungen und Satzungen
III. „Stammgesetze“ und „Änderungsgesetze“
IV. Vor- und nachkonstitutionelle Gesetze
V. Materielle Gesetze
D) Öffentliches Recht und Privatrecht
E) Verwaltungsbegriff des Verwaltungsrechts
I. Bedeutung des Verwaltungsbegriffs für das Verwaltungsrecht:
II. Insbesondere: Unterscheidung von Regierung und Verwaltung
III. Ist der Erlass von Rechtsverordnungen und Satzungen Regierungshandeln, Verwaltungshandeln oder sonst etwas?
F) Organisation der Verwaltungsgerichtsbarkeit
G) Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht
H) Die Verwaltungsverfahrensgesetze
I. Das VwVfG des Bundes und die VwVfG der Länder
II. Fragmentierung des Verwaltungsverfahrensrechts auf Bundesebene: Die Drei-Säulen-Theorie
I) Handlungsformen der Verwaltung zur Regelung von Einzelfällen
I. Exkurs: Unterscheidung zwischen Tathandlungen und Willenserklärungen
II. Verwaltung durch Erlass von Verwaltungsakten (§§ 35 ff. VwVfG)
III. Verwaltung durch Abschluss privatrechtlicher Verträge
IV. Verwaltung durch Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge (§§ 54 ff. VwVfG)
V. Verwaltung durch tatsächliches Handeln / Realakte
VI. Verwaltung durch (raumbezogene) Planung
VII. Verwaltung durch gerichtliche Durchsetzung privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Ansprüche
§ 2 Verwaltungsaufbau, Zuständigkeiten, Personal
(Stand Mai 2022)
A) Verwaltungsaufbau
I. Bundes- und Landesverwaltung (Art. 30, 83 ff. GG)
II. Juristische Person des öffentlichen Rechts
III. Unmittelbare und mittelbare Staatsverwaltung – Einbeziehung der Kommunen in die Staatsverwaltung
IV. Behördenhierarchie der unmittelbaren Staatsverwaltung
V. Juristische Personen des Privatrechts (insbes. AG, GmbH) als Verwaltungsträger?
VI. Verwaltung durch die Europäische Union
B) Zuständigkeitsordnung
I. Sinn geordneter Zuständigkeiten
II. Arten der Zuständigkeiten
C) Verwaltungspersonal
I. Funktion des öffentlichen Dienstrechts
II. Das Prinzip der Selbstorganschaft
§ 3 Rechtsquellen und Rechtserkenntnisquellen im Verwaltungsrecht
(Stand Mai 2021)
A) Rechtsquellen
I. Geschriebene Rechtsquellen
II. Ungeschriebene Rechtsquellen
III. Verhältnis zwischen Rechtsquellen: Normenhierarchie
B) Rechtserkenntnisquellen
I. Verwaltungsvorschriften und Konzepte („Behördenrecht“)
II. Rechtsprechungsrecht (Richterrecht)
III. Lehrmeinungen
§ 4 Gesetzmäßigkeit der Verwaltung
(Stand: Juni 2022)
A) Der Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes
I. „Gesetze“ i. S. des Grundsatzes des Vorrangs des Gesetzes
II. Fiat iustitia et pereat mundus
III. Beamtenrechtliche Absicherung des Vorrangs des Gesetzes
IV. Sicherung des Vorrangs des Gesetzes durch Rechtsaufsicht und Gerichtskontrolle
V. Problem der „Normverwerfungskompetenz“
VI. Problem der „Nichtanwendungserlasse“
B) Der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes
I. Primärer Anwendungsbereich des Vorbehalts des Gesetzes: Eingriffsverwaltung
II. Geltung des Vorbehalt des Gesetzes für die Leistungsverwaltung?
III. Vorbehalt des Gesetzes in mehrpoligen Rechtsverhältnissen
§ 5 Kleine Rechtsanwendungs- und Rechtsfortbildungslehre im Verwaltungsrecht
(Stand Juni 2022)
A) Einführung: Was ist juristische Methode?
B ) Bestimmung des Anwendungsbereichs von Verwaltungsrechtssätzen
C) Auslegungslehre
I. Legaldefinitionen als Auslegungshilfe
II. Fallbeispiele für schulmäßige Auslegung
III. Verfassungs- und europarechtskonforme Auslegung
IV. Korrektur von „Redaktionsversehen“
D) Rechtsfortbildungslehre
I. Analogie zu Gunsten des Bürgers
II. Analogie zu Lasten des Bürgers
III. Teleologische Reduktion
IV. Sonstige Formen der Rechtsfortbildung
§ 6 Gebundene Verwaltung, Beurteilungsspielräume, Ermessen, Planungs- und Regulierungsermessen
(Stand: Juni 2022)
A) Gebundene Verwaltung als (konstruktiver) Regelfall
I. Begriff, Wesen und Voraussetzungen (strikt) gebundener Verwaltung
II. Rechtmäßigkeit und Rechtswidrigkeit (strikt) gebundener Verwaltungsentscheidungen
III. Gerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle bei (strikt) gebundenen Verwaltungsentscheidungen
B) Beurteilungsspielräume bei unbestimmten Rechtsbegriffen
I. Begriff und Wesen unbestimmter Rechtsbegriffe
II. Begriff, Wesen und Voraussetzungen von Beurteilungsspielräumen bei unbestimmten Rechtsbegriffen
III. Beispiele für die Einräumung von Beurteilungsspielräumen
C) Ermessen und Ermessensgrenzen (§ 40 VwVfG, § 114 S. 1 VwGO)
I. Begriff, Wesen, Rechtmäßigkeit und Rechtswidrigkeit von Ermessensentscheidungen
II. Ermessensfehler wegen Nichterfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen der Ermessensermächtigung
III. Ermessensfehler wegen einem nicht dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Gebrauch des Ermessens (§ 40 Alt. 1 VwVfG, § 114 Satz 1 Alt. 2 VwGO)
IV. Ermessensfehler wegen Nichtbeachtung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens (§ 40 Alt. 2 VwVfG, § 114 Satz 1 Alt. 1 VwGO)
V. Exkurs: „Scheinermessen“ auf der Tatbestandsseite
D) Planungs- und Regulierungsermessen
I. Konditionale und finale Rechtsetzung
II. Planungsermessen: Lehre vom Abwägungsgebot
III. Regulierungsermessen
§ 7 Vertrauensschutz und Rechtssicherheit im Verwaltungsrecht
(Stand: Juni 2022)
A) Ausgangsüberlegungen: Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, Gleichheit vor dem Gesetz, Risiko fehlerhaften Verwaltungshandelns
B) Rechtssicherheit und Vertrauensschutz bei Verwaltungsakten
I. Wirksamkeit des rechtswidrigen Verwaltungsakts als Grundlage der Gewährung von Rechtssicherheit und Vertrauensschutz
II. Rechtssicherheit durch Rechtsbehelfsfristen zu Gunsten der Verwaltung
III. Schutz des Vertrauens des Bürgers auf den Bestand begünstigender Verwaltungsakte?
IV. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz in mehrpoligen Rechtsverhältnissen
C) Rechtssicherheit und Vertrauensschutz bei Verwaltungsverträgen
D) Schutz des Vertrauens auf zukünftiges begünstigendes Verwaltungshandeln
I. Schutz des Vertrauens auf die Richtigkeit von Auskünften und Beratungen
II. Schutz des Vertrauens auf Zusagen / Zusicherungen
III. Schutz des Vertrauens auf weitere Duldung rechtswidrigen Handels
IV. Schutz des Vertrauens auf Gleichbehandlung mit anderen Personen?
§ 8 Verwaltungsverfahrensrecht
(Stand Juni 2022)
A) Aufgaben und Rechtsquellen des Verwaltungsverfahrensrechts
B) Grundsätze eines "gerechten" Verwaltungsverfahrens
I. Vorbereitung des Verwaltungsverfahrens
II. Grundsatz der Formen- und Verfahrensklarheit
III. Exkurs: Verwaltungsverfahren mit „schwierigen Kunden“
IV. Objektivitäts- und Unbefangenheitsprinzip (§ 20, § 21 VwVfG)
V. Gebot der Anhörung des Betroffenen (§ 28 VwVfG)
VI. Auskunfts- und Beratungspflichten (§ 25 VwVfG, §§ 13 ff. SGB I)
VII. Akteneinsichtsrechte (§ 29 VwVfG)
VIII. Begründung von Entscheidungen (§ 39 VwVfG)
IX. Amtsermittlungsgrundsatz und Mitwirkungspflichten (§ 24, § 26 VwVfG)
C) Folgen der Verletzung von Verfahrensvorschriften (vgl. § 45, § 46 VwVfG)